Ambulantes Hospiz Mülheim a. d. Ruhr e.V.

Leben in Würde bis zuletzt

Begleitung von Schwerstkranken, Sterbenden und Trauernden

 

 

 

 

Und das soll meine künftige Ruhestätte sein? Wie geht so etwas?

Ich glaube, fast jeder Mülheimer kennt ihn, den Mülheimer Altstadtfriedhof. Kennen sie aber die historische Geschichte oder die gegenwärtige Gesamtlage dieses 200jährigen Friedhofs? Genaueres wusste ich auch nicht. Natürlich ist mir der Friedhof durch gelegentliche Spaziergänge bekannt. Und dabei machten die Grabstätten mit ihrer historischen Struktur auf mich einen starken Eindruck.

Denn viele bedeutende Mülheimer Familien des 19. Jahrhunderts haben hier ihre letzte Ruhe gefunden, darunter Industriellenfamilien wie Stinnes und Thyssen, deren imposante, monumentale Grabstätten Sie gepflegt vorfinden. Auch bekannte Unternehmerfamilien wie Schmitz-Scholl, Begründer des Weltkonzerns Tengelmann, oder der Lederfabrikant Coupienne haben hier ihre Ruhestätten. Das parkähnliche Gelände mit seinem schönen alten Baumbestand war lange Zeit in Vergessenheit geraten und wurde erst Mitte der 1980er Jahre aufwendig unter denkmalpflegerischen und ökologischen Gesichtspunkten restauriert. Daneben gibt es jedoch alte, ungepflegte und vermooste Grabstätten die auf mich einen meist traurigen Anblick machten.

Aber mein Besuchsverhalten sollte sich verändern. Nicht wegen meines Alters und den damit häufiger werdenden Teilnahmen an Begräbnissen. Der Grund war vor einigen Jahren die Begleitung eines Schwerstkranken, im Rahmen meiner ehrenamtlichen Tätigkeit beim ambulanten Hospiz. Dieser Mensch erzählte mir sehr viel über diesen Friedhof, in der er einmal als Friedhofsgärtner angestellt war. Sein Wunsch, dort  seine letzte Ruhe zu finden, ging in Erfüllung. Ich habe ihn auch auf seinem letzten Weg begleitet. Und seit dem verbindet mich noch mehr mit diesem Friedhof. Meine Besuche sind häufiger und ich  habe mir die Geschichte näher angeschaut.

Aufgrund eines Erlasses von Napoleon wurde 1804 der  Altstadtfriedhof geschaffen und im Jahr 1812 durch die Kirche geweiht. Seit 1835 steht dieser Friedhof unter kommunaler Verwaltung. Der Kommunalfriedhof wurde mehrmals erweitert. 1889 wurde das Torhaus an der Kettwiger Straße mit einer Wohnung für den Friedhofsgärtner und einem Trauerraum gebaut. In Jahre 1967 wurde der Altstadtfriedhof dann vollständig geschlossen. Seit 1984 steht der Friedhof unter Denkmalschutz und seit September 1988 sind die Felder an der Kluse für die Urnenbestattung wieder freigegeben. Die Aussegnungshalle wurde mit großem Spendenaufwand neu errichtet.

Zur Erhaltung des Friedhofs mit seiner historischen Struktur ist die Übernahme von Patenschaften für Grabstätten und eine damit verbundene Nutzungsberechtigung für Urnenbeisetzungen möglich. Diese Besonderheit fand mein Interesse. Ich setzte mich mit der Stadtverwaltung, Herrn Andreas Malessa, in Verbindung. Er erklärte mir im Gespräch die Bedingungen zur Übernahme einer Patenschaft. Der Interessent sucht sich eine der historischen Grabstätten selber aus. Man erkennt die bereits bestehende Patenschaft einer Grabstätte an einen kleinen braunen Stein, der eine weiße Zahl trägt. Dieser ist  vor oder auf der Grabstätte angebracht. Von der Patenschaft ausgenommen sind die Familiengrabstätten Mitsdörffer, Familiengrabstätte Perez/Stinnes/Zerwes, Familiengrabstätte Josef Thysssen, Familiengrabstätte Klusmann, Familiengrabstätte Coupienne, Familiengruft Ludwig Lindgens, Familiengrabstätte von Eicken, Familiengruft Hugo Stinnnes und die Gruft Ibing. Fast 100 von 450 Grabstätten haben bereits einen Paten gefunden.

 

Der Pate reserviert nach der Bestätigung der Stadt eine historische Grabstätte, die als große Urnenwahlgrabstätte mit bis zu 4 Urnen belegt werden kann. Die Pachtdauer beträgt 30 Jahre und ist verlängerbar. Die Kosten von ca. 2000 Euro werden jedoch erst anlässlich der ersten

Urnenbeisetzung fällig. Der Pate übernimmt als Gegenleistung die gärtnerische Pflege und die darauf befindlichen baulichen Anlagen instand zu setzen bzw. zu erhalten. Auf Wunsch kann an geeigneter Stelle eine Grabtafel angebracht werden, die das Erscheinungsbild der historischen Grabstätte allerdings nicht beeinträchtigen darf.

Vor Kurzem war ich mit meiner Frau bei schönstem Frühlingswetter für fast 2 Stunden auf dem Altstadtfriedhof, um für unsere Familie eine passende Grabstätte auszusuchen. Die Vielzahl der möglichen Grabstätten macht uns die Auswahl nicht leicht. Wir schließen auch unsere Kinder bei der Suche nach einer neuen Familiengrabstätte mit ein und hoffen auf deren Unterstützung. Noch haben wir etwas Zeit.

 

 

 

 

 

 

 

Fotos und Text: Hans Korte 15.04.2014